Nachdem 1972 einer der drei “Kenwood-Brüder”, nämlich Jiro Kasuga die Firma Kenwood verließ, um seine eigene Marke zu gründen (Kensonic Laboratories – Accuphase) ging bei Kenwood der wichtigste
Entwicklungskopf verloren. Kenwood bevorzugte kleinere, einfachere Geräte um mehr Volumen im Verkauf zu erreichen. Jiro wollte hingegen höchstwertige Geräte bauen, dafür in erheblich kleineren
Stückzahlen. Um den Anschluss an die anderen Qualitätsmarken nicht zu verlieren, entwarf Jiro Kasuga dann 1974 die Supreme 700er-Anlage für Kenwood, die bis heute stark beeindruckt. In den USA
wurden damit sogar recht ansehnliche Stückzahlen (für diese Preisklasse) erreicht. Angetan von diesen Verkaufserfolgen schob man, mit Hilfe von Jiro Kasugas Entwicklungs-Unterstützung kleinere
Supreme Modelle nach: die Vollverstärker Model 500 und 600 sowie den Tuner Model 650T. Von dem größeren der beiden Vollverstärker und dem Tuner ist hier heute die Rede.
Das Model 600T ist ein Tuner der absoluten Spitzenklasse, der noch dazu optisch überzeugt. Es ist das erste Modell von Kenwood mit dem so genannten Pulse-Count-Detector kombiniert mit einem
8-fach-FM-Drehkondensator (der allerdings wie ein 9-fach Drehko aussieht). Selten wurde mehr Aufwand getrieben, der Accuphase T-100 hatte “nur” einen 5-fach-Drehkondensator.
Ein großartiger Empfang mit extrem wenig Nebengeräuschen ist mit diesem Spitzentuner auch heute noch problemlos möglich. Der Drehkondensator aus der Nähe ohne das Schirmblech.
Eine gründliche Reinigung innen und aussen war natürlich angesagt. Darüberhinaus ein Neuabgleich, was einen nach 41 Betriebsjahren nicht wundern sollte.
Hier sind die Abschirmbleche bereits wieder montiert – die Rotstifte der Kaufleute waren bei der Entwicklung dieser Modelle jedenfalls nicht beteiligt.
Hier das geschlossene Gerät von aussen, die 4mm starke Alufront in gebürstetem Silber ist schon erheblich dicker als üblich, wodurch diese Geräte einfach aus der Menge deutlich heraus
stechen.
Dazu kommt eine dezente Beleuchtung der Skala und Instrumente, so dass man sich der faszinierenden Optik kaum entziehen kann.
Die Knöpfe sind aus dem Vollen gedreht und alle geschraubt, meist sogar mit zwei Schrauben (wie bei den Accuphase-Geräten).
Die Bandbreite ist dreifach umschaltbar, die Anzeigen dafür in grün und die roten Anzeigen für Stereo und Muting sowie MPX-Filter bereits mit LEDs realisiert.
Der Zeiger gleitet sanft fast von einem Ende der Skala bis zum anderen, wenn man mit dem Tuningknopf ein wenig Schwung nimmt. Der Zahn der Zeit hat da nirgendwo seine Spuren hinterlassen – was
ist nochmal des Gegenteil von Obsoleszens?
Auf der Rückwand findet sich ein Koaxstecker in F-Norm zusätzlich zu den Klemmanschlüssen. Auch ein Oszilloskop kann hier angeschlossen werden.
Wahlweise mit festem Pegel oder an der Front stellbar wird das Signal zum Verstärker übertragen.
Der dazugehörende Verstärker Model 600 ist der größere Vollverstärker aus dieser Baureihe. Er verfügt über eine Ausgangsleistung von 2 mal 150 Watt sinus nach DIN, hat
Doppel-Mono-Stromversorgungen und ein Kampfgewicht von 21,3 kg. Sein Frequenzgang ist von 0 bis 70 kHz recht linear. 1976 war das eine amtliche Herausforderung für die Konkurrenten.
Die im Bild sichtbaren blauen Elkos wurden irgendwann einmal erneuert, mit der korrekten Kapazität von 18.000µF und einer Spannung von 75 Volt (71V im original).
Von unten kann man den gruppierten Aufbau sehen, das Netzteil in der Mitte ist gegen den Vorverstärker an der Front abgeschirmt.
Rechts und links neben dem Netzteil befinden sich die Endstufen und deren Treiber.
Das Potentiometer für Volume und Balance ist von Alps, aus der blauen RK-Serie mit sechs Kammern.
In der Endstufe kommen die seinerzeit schnellsten Leistungstransistoren zum Einsatz, jweils zwei PNP und zwei NPN-Typen pro Kanal.
Die Marke Sanken baute diese High-Speed-Transistoren (10MHz) damals das beste, was man bekommen konnte – auch heute noch gesucht und begehrt.
Auch hier findet sich die 4mm Alufront mit den aus dem Vollen gedrehten Knöpfen, die mit Madenschrauben angeschraubt sind.
Eine aufgeräumte und übersichtliche Front, die kaum einen Wunsch offen lässt.
Zwei Lautsprechergruppen wählbar, nur schwach wirkende Klangsteller mit wählbaren Einsatzfrequenzen, zusätzlich Höhen- und Tiefen-Filter und zweistufigen Präsenzschalter.
Neben dem erwähnten Volume/Balance-Steller in der Mitte, gibt es noch einen dreistufigen Pegel-Abschwächer in 15db-Schritten, sowie zwei Tapeanschlüsse mit Überspielmöglichkeit. Darüber hinaus
können zwei Plattenspieler, ein Tuner und noch zwei Reserven angeschlossen werden. Die Loudness-Korrektur kann auf Wunsch in vier Stufen zugeschaltet werden, der Pegel von Phono2 ist
einstellbar.
Hinten sind alle Cinchbuchsen für die Quellgeräte untergebracht, der Verstärker ist zusätzlich noch zwischen Vor- und Endverstärker auftrennbar. Die Aufnahmegeräte können auch an DIN-Buchsen
angeschlossen werden.
Stellt man beide Geräte übereinander, erhält man ein beeindruckendes Stück Zeitgeschichte und vermutlich (zusammen mit der fantastischen 700er Supreme Anlage) die besten Kenwood-Hifi-Geräte aller
Zeiten.
Jeder Sammler der diese beiden sein Eigen nennt, darf zu Recht stolz darauf sein – was die verlangten Preise heutzutage allzu deutlich demonstrieren.