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Marantz 6300

 


Den Marantz 6300 hatten wir zwar schon zwei Mal im Laufe der Jahre hier vorgestellt, dieses Exemplar hier hat es dennoch verdient nochmals vorgestellt zu werden. Er hat nämlich ein zweites Leben bekommen und das kam so: der jetzige Besitzer erwarb den 6300, seinen absoluten Traumplattenspieler, in Frankreich über ebay. Er wurde recht günstig angeboten, daher schlug er zu und dachte sich, er lässt ihn bei uns aufmöbeln und dann ist schon alles gut. Leider war dem nicht so. Als ich den Plattenspieler auspackte strömte mir schon der typische Kellergeruch entgegen, so nach Kartoffeln, Mäusen und altem Staub. Der arme Plattenspieler wird wohl die letzten Jahre (etliche davon!) in einem Keller verbracht haben. An Funktionen gab es nur noch Teller dreht bei Power ON, sonst nix. Nach dem Abschrauben der Bodenwanne versperrten mir dicke Spinnennetze den Einblick in die Technik und etliche vertrocknete Kellerassel-Körper lagen im Inneren des Holzgehäuses herum. Nach der groben ersten Reinigung war ich dann sehr ernüchtert, weil die Blende am Tonarm (die die Endabschaltung besorgt) einfach fehlte, darüber hinaus bewegte sich der Hubmagnet für den Lift nicht mehr, genau so wenig wie die Liftstange selbst – alles saß fest. Dazu war sehr stümperhaft ein irrsinig dickes Tonkabel eingelötet worden, welches auch noch stark beschädigt und somit nicht mehr verwendbar war. Auch die Tonarmklemme war abgebrochen, die Headshell war ein Universal, nicht das richtige. Also erst einmal enttäuscht mit dem Besitzer telefoniert, der nicht weniger enttäuscht war, aber meinte, na dann müsste er halt den Marantz als reines Laufwerk nutzen – ohne Lift etwas mühselig, aber was sollte er machen… Dann war Feierabend und ich ging etwas bedrapst nach Hause.

Am nächsten Morgen hatte mich aber der Ehrgeiz gepackt und ich hatte mir in den Kopf gesetzt, da wenigstens das Maximum des Machbaren heraus zu holen. Und so ging ich euphorisch und hoffnungsvoll an die Arbeit…

Zunächst flog mal diese mintgrüne Verkabelung raus, die offenbar auch jemand an die Schalter “gebraten” hat, der des Lötens eher nicht fähig ist.  Unten in der Mitte des obigen Bildes sieht man den Tonarmstumpf, auf den eine Metallblende gehört, die eine optische Lichtschranke auslöst und so den Tonarmlift nach oben betätigt, wenn das Plattenende erreicht wird. Diese Blende ist dort abmontiert worden und lag dem Gerät auch nicht bei – somit hat dieser 6300 leider keine Endabschaltung mehr.

So schaut der Plattenspieler, der in Wahrheit aus dem Hause Sharp/C.E.C. stammt, von unten aus, wenn die Bodenwanne entfernt ist. Unten rechts noch die alte beschädigte Verkabelung.

Hier das neu montierte Cinchkabel, welches von einem Pioneer PL-12 stammt.

Das alte Kabel ging überhaupt nicht mehr, da ist wohl mal jemand drauf getreten…

Die Gummifüsse des Plattenspielers trugen innen noch alle französischen Kellerspuren…

… wurden aber alle gründlichst gereinigt. Doch es ist tatsächlich dasselbe Gummi!

Die beiden Potis für 33 und 45 mussten zerlegt und entrostet werden, da die Drehzahl regelrechte Sprünge beim Einstellen veranstaltete.

Die Liftmechanik musste ebenfalls komplett ausgebaut, zerlegt , gereinigt und neu gefettet werden, da hier alles völlig verharzt war und sich nichts mehr rührte.

Auch ein neues Netzkabel wurde montiert, das Gerät auf 240V umgestellt und dann konnte alles wieder zusammengebaut werden.

Drei der vier Füße sind höhenverstellbar, so dass man den Plattenspieler überall exakt gerade hinstellen kann.

Nachdem auch das gebürstete Alu und das Holzkleidchen gründlich gereinigt und aufgearbeitet waren, konnte sich alles wieder sehen lassen.

Der Plattenspieler ist nun ein manuell zu bedienendes Modell mit einem Tipplift. Der Power-Knopf lässt den Teller rotieren, der Lift mit den gegenseitig auslösenden Knöpfen UP und DOWN lassen den Lift wieder schön langsam hoch und runter fahren. Neues Silikonöl (AK 500.000) sorgt für ein sanftes Aufsetzen.

Der 6300 ist schon ein aussergewöhnlich hübscher Plattenspieler, oder?

Hinten gibt es einen Aufbewahrungsplatz für eine zweite Headshell, das Antiskating-Gewicht kippt zusammen mit der Tonarmbewegung. Die Tonarmklemme wurde erneuert, hatte der Besitzer zusammen mit der Headshell besorgt.

Vorne gibt es eine Stroboskoplampe für den Direct-Drive und das renovierte Schild, wieder angeklebt, da es ständig abfiel.

Auf der linken Seite gibt es einen Clip für den Puck.

Die originale Headshell hatte der Besitzer uns mitgeschickt, darauf haben wir das AT-95E (Abtastsystem) montiert, welches auch herrvoragend mit dem JELCO-Arm harmoniert. Kann man gleichermaßen für Pop/Rock oder Klassik nehmen, für  das Geld (um 60 Euro) gibt es nichts Besseres. Hörbar deutlich besser klingende Abtastsysteme sind dann gleich bedeutend teurer.

Jetzt freut mich die Rettung dieses 6300er Marantz umso mehr, sah es doch am Donnerstag abend noch ganz hoffnungslos aus…zudem finde ich Geräte mit einer Geschichte dazu immer richtig interessant!