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Kenwood KA-8100



1977 gehörte Kenwood zur Spitzengruppe der größten Hifi-Hersteller der Welt. Man hatte ein riesiges Angebot von Geräten im Programm – alleine Vollverstärker gab es acht verschiedene Modelle, zwischen 398,- DM und 2.098,- DM – und alle acht sind noch heute bei Sammlern durchaus beliebt. Heute geht es um den drittgrößten Verstärker dieses Modelljahres – den KA-8100, der seinerzeit für 1.298,- DM angeboten wurde und dafür 2 mal 120W sinus an 4 Ohm nach DIN leistete. Ich habe mich auf die Wiederherstellung dieses Verstärkers gefreut, da ich den von früher (ich habe von 1978 bis 2005 für den Kenwood-Kundendienst gearbeitet) noch sehr gut kenne. Defekt waren alle Schalter, die so starke Kontaktprobleme hatten, dass ein Kanal völlig stumm war. Leider gab es größere, unerwartete Probleme…

Um die Frontplatte zu entfernen, was unbedingt notwendig ist, um an alle Schalter und Potis heran zu kommen, müssen zuächst alle Knöpfe abgezogen werden. Das ging auch problemlos, bis auf die Knöpfe für Volume und Balance. Diese sind nicht auf Riffelachsen gesteckt, wie die anderen Knöpfe, sondern sind auf dem Doppelpoti mit Gewindestiften verschraubt. Der vordere Volume-Knopf zeigte bereits einen fehlenden Gewindestift – saß aber bombenfest auf der Achse. Nur mit brachialer Gewalt ließ der sich von der Achse abhebeln. Dies zerstörte aber leider das Poti endgültig. Der hintere Balanceknopf hatte zwar noch einen Gewindestift, war aber ebenso verklebt (vermutlich mit Sekundenkleber). Um den abzubekommen, ohne die Frontplatte zu beschädigen, musste ich, wie auf dem Foto gezeigt, wirklich Gewalt anwenden. Mit dem Dremel habe ich zunächst eine Nut in den Flansch gefräst, dort einen großen Schlitzschraubendreher angesetzt, der sich auf einem Stück Holz gegen die Frontplatte abstützte. Nun übtie ich Druck auf den Schraubendreher aus und schlug gleichzeitig mit der anderen Hand mit einem Hammer auf die Potiachse. Endlich kam der Knopf herunter… Hier sind Poti und beide Knöpfe ausgebaut zu sehen. Glücklicherweise gab es in unserem Fundus sowohl das Poti, als auch die Knöpfe noch als Ersatz – sonst hätte man diesen KA-8100 direkt verschrotten können. So schaut das defekte Poti mit den Knöpfen auf den Achsen aus. –
Bitte, bitte, liebe Bastler, niemals Knöpfe mit den Achsen verkleben!
Schon gar nicht mit Sekundenkleber!
Ich hatte zuvor alles versucht: Wärme, Kälte – nichts hat genützt. Danach ließ sich alles wie gewohnt zerlegen, beim KA-8100 entferne ich die gesamte Werkplatte (die sitzt unter der Frontplatte und daran sind alle Bedienelemente befestigt). dann liegt die gesamte Frontplatine vor einem und lässt sich gut bearbeiten.
Sämtliche Schalter wurden ausgelötet. Hier diese Platine aus der Nähe, das Volume-Poti in der Mitte ist noch das alte, defekte. Erwartungsgemäß waren alle Schalter dunkel angelaufen… …und wurden auf gewohnte Weise gereinigt, poliert und anschließend mit Fett versiegelt. Die drei Druckschalter wurden derselben Prozedur unterzogen. Auch die Kippschalter waren völlig oxidiert… …nach der Bearbeitung aber wieder wie neu. Der auf der hinteren Platine befindliche Eingangswahlschalter wurde genauso behandelt. Nachdem alle Reinigungsarbeiten erledigt, etliche Kondensatoren erneuert und alle Platinen gründlich nachgelötet und gereinigt waren, wurde noch das Lautsprecherrelais erneuert und dann konnte alles wieder zusammengebaut werden – nun mit einem intakten Volume-Poti aus einem defekten KA-9100.
Hier ein Bild von oben in das offene Gerät, man kann deutlich erkennen, dass hier zwei Netztransformatoren und vier Siebelkos verbaut sind – ein Doppel-Mono-Netzteil. Von unten schaut das Gerät so aus. Auf der Platine in der Mitte liegend, sind die Endstufen und die Schutzschaltung untergebracht. Nur die stromverstärkenden Endtransistoren sind auf den Kühlkörpern untergebracht, rechts und links neben der Platine. Die Transistoren der Marke Sanken sind heute extrem gesucht und kaum noch erhältlich. Auf der Platine vorne sind sämtliche Bedienelemente (mit Ausnahme des Netzschalters und des Lausprecherwahlschalters) untergebracht, zudem die gesamte Klangregelung und die Vorverstärkung.
Auf der hinteren Platine finden sich der Entzerrer-Vorverstärker und der Eingangswahlschalter. Bedient wird letzterer durch eine lange Stange. Das Doppel-Mono-Netzteil ist hier nochmal von nahem zu sehen.
Von aussen wirkt der Verstärker streng klassisch und damit beinahe zeitlos. Alles ist in silber gehalten, nichts wirkt verspielt oder übertrieben. Die Frontplatte wirkt gediegen, die über 40 Jahre sind da überhaupt nicht zu bemerken. Diese Knöpfe mussten erneuert werden, dafür hat dieser KA-8100 noch ein laaanges Leben vor sich. Links daneben gibt es noch einen Gain-Schalter in 10dB-Stufen, damit kann man den Volume-Einstellbereich viel feiner justieren. Links davon gibt es drei Filterschalter, der mittlere davon verursachte den vollständigen Tonausfall eines Kanals – daher bitte sämtliche Schalter und Potis hin und wieder betätigen, das kann auch bei ausgeschaltetem Gerät passieren, so verhindert man das Korrodieren, und alles funktioniert viel länger problemlos. Rechts gibt es den Lautsprecherwahlschalter, die Klangsteller und darunter noch Schalter zum außer Kraft setzen derselben (Mittelstellung OFF) oder zum Wählen der Einsatzfrequenz. An der Rückseite lassen sich zwei Plattenspieler (nur MM), Tuner, Reserve und zwei Tapes anschließen, eines davon auch wahlweise per DIN-Buchse. Rechts ist der Anschluss für zwei Paar Lautsprecher. Zusätzlich ist dieser Verstärket auch zwischen Vorverstärker-Ausgang und Endstufen-Eingang auftrennbar. Ganz ohne Schalter, mit klassischen Bügeln.

Nach dem vetrackten Start konnten die Restaurationsarbeiten doch noch erfolgreich zu Ende geführt werden. Durch den unerwartet notwendigen Austausch des Volume-Potis und der beiden Knöpfe, nebst der dafür aufgewendeten Zeit, ist das Ganze leider etwas teurer geworden als ursprünglich veranschlagt. Aber dieser Verstärker wird seinem Besitzer noch viele, viele Jahre Freude bereiten!