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Marantz 2238B



Zwei Jahre zuvor hatte in Deutschland ein Marken-eigener Vertrieb der Verkauf dieser angesehenen Marke übernommen. Dies hatte bis dahin die Münchener Firma Bolex überaus erfolgreich erledigt, denn die Modellreihe 2215 – 2230 – 2245 und 2270 hatte seit 1972 wie eine Bombe im deutschen Hifi-Markt eingeschlagen – der legendäre Ruf der Marke, der in diesen Jahren geschaffen wurde, hält bis heute an. Sind Importeure zu erfolgreich, dann nimmt man ihnen das Geschäft weg, sind sie erfolglos auch – ein schwieriges Unterfangen. 1976 wechselte jedenfalls der Vertrieb, in Dreieich bei Frankfurt eröffnete die Superscope Deutschland GmbH und verkaufte die Geräte dieser Marke selbst. Dafür erschien auch eine neue Receiver-Familie, die im Jahr 1978 wieder abgelöst wurde – nun erhielten alle Bezeichnungen ein B am Ende, wobei häufig gedacht wurde, dies stünde für “black” (schwarz). Das stimmt aber nicht, B steht hier für 2. Version. Die silbernen Fronten wurden gleichzeitig leicht goldfarben. So wandelte sich die Optik. Das Programm wurde immer größer, die Receiverbaureihe umfasste nun bereits 14 unterschiedliche Modelle, wobei einige in der ersten Version  weiterhin parallel angeboten wurden. Die neuen B-Modelle hießen jetzt: 2216B, 2226B, 2238B, 2252B, 2265B und 2285B. Auch änderte sich die Gestaltung der Skalen, statt dunklem aber durchscheinendem Kunststoff, wurde diese nun auch in silber und nicht durchscheinend angeboten, nur noch die Zahlen und Striche leuchteten im üblichen Marantz-blau.

Die Rede ist hier vom 2238B, sogar in der selteneren schwarzen Ausführung, der seinerzeit für knapp 1.000 DM angeboten wurde und mit Receivern wie zum Beispiel dem Pioneer SX-690, dem Yamaha CR-620, dem Sony ST-R414, dem Akai AA-1030 oder dem Kenwood KR-4070 konkurrierte, wobei alle diese deutlich unter 1.000 DM lagen, so zwischen 700 und 900 DM, was aber für den Absatz des Marantz 2238B kein Hindernis war. Die Händler verdienten deutlich mehr daran und waren daher stets bereit, diesen als “besser als die Konkurrenz” zu empfehlen. Das habe ich als Verkäufer damals auch so gemacht – mein Chef wollte es so und ich verdiente dadurch einen ganzen Batzen mehr.

Dieser 2238B kam mit der Angabe zu uns, er würde nur noch auf einem Kanal spielen und die Beleuchtung sei nicht mehr vollständig. Nun da konnte langfristige Abhilfe geschaffen werden. Zusätzlich haben wir diesen Receiver auch wieder klanglich und optisch deutlich aufgewertet.

Zuerst wurde das Gerät zerlegt, damit man an alles gut herankommt. Die Frontplatte wird immer demontiert, schon damit sie von innen und außen gut gereinigt werden kann. Der Lampenkasten war wie üblich verschmutzt, wenn man alle Lampen erneuert und diesen innen gründlich putzt, ist es sehr viel heller dort drin . So erstrahlt die Skala wieder wie damals. Damit dieses hellere Licht auch von aussen so wahrgenommen werden kann, muss auch die Diffusionsfolie  erneuert werden, da diese im Lauf der Zeit stark vergilbt. Diese Folie wird häufig als “vellum” bezeichnet, was lateinisch für Pergament steht. Sieht zwar so aus – ist aber keins. Im Original ist es ein kräftige Papierfolie, wir verwenden als Ersatz moderne Kunststofffolien, die nicht vergilben und in der Anwendung für Scheinwerfer gedacht sind. Ganz oben im Bild die Skalenscheibe – Blick auf die Rückseite. Hier ist die neue Folie bereits auf der Skalenscheibe aufgeklebt, der Ausschnitt für die STEREO-Lampe wurde mit einem Skalpell ausgeschnitten. Um das Lautsprecherrelais und so manchen Elko zu erneuern, wurde die Endstufenplatine auch ausgebaut – so kommt man viel besser heran. Die beiden großen Siebelkos müssen dafür aus ihrer Halterung genommen werden. Nachdem alle Schalter und Potis einer gründlichen Reinigung unterzogen waren, alle gefährdeten Elkos und das verschlissene Relais, sowie fast alle Lampen erneuert waren, konnte alles wieder zusammen gebaut werden. Links das Empfangsteil, welches auch gereinigt und neu abgeglichen wurde, rechts die Endstufe in der Mitte der Netztrafo. Hier ein Blick von rechts auf die Außenseite des Kühlkörpers mit den TO3-Transistoren. Rechts darüber das neue Lautsprecherrelais.

Blick von hinten nach vorne mit dem Drehkondensator. Der weisse Kunststoff der Lampenhäuser hinter der Gerätefront ist, wie bei Marantz zumeist der Fall, bereits arg zerbröckelt – eine Folge der langanhaltenden Wärmeeinwirkung. An etlichen Stellen hatte hier schon jemand mit einer Art Zementkleber schon “repariert”, was den Service nicht gerade vereinfacht. Beim Blick von unten in das offene Gerät sieht man rechts den Eingangswahlschalter, der nahe an den Cinchbuchsen sitzt und auf dessen Platine auch den Phono-Vorverstärker beherbergt. Links isnd die Siebelkos zu sehen, mittlerweile wieder in ihrer Halterung fixiert. Vorne sieht man die Potis. Von außen ein ganz typischer Marantz, mit Ausnahme der schwarzen Front, und bis heute in schwarz nicht sehr häufig. Die ebenfalls Marantz-typischen Sechskantschrauben bilden dann einen starken Kontrast zur dunklen Front.
Dieser Receiver leistet 2 mal 38 Watt sinus an 8 Ohm bei nicht mehr als 0,08% über den gesamten Frequenzbereich von 20 bis 20.000 Hz – somit wird die Namensgebung von Marantz erfüllt. Denn 2238B bedeutet 2 Geräte (Tuner und Verstärker) mit 2 mal 38 Watt. Für die in Deutschland übliche Leistungsangabe nach DIN an 4 Ohm bei einem Klirr von 1% ergab dies jedoch bereits 2 mal 72 Watt, wodurch der 2238B alle die oben aufgeführten Konkurrenten überflügelte.

Hier nun die schwarze Front, die mit ihrer silbernen Beschriftung und den silbernen Knöpfen einen völlig anderen Eindruck vermittelt als die silbernen (seit 1978 hellgold) Versionen. Auch das blau der Skala, wirkt viel dezenter als früher. Links gibt es zwei beleuchtete Instrumente für Feldstärke und Ratiomitte. Darunter Druckknöpfe und noch eine Etage tiefer Drehknöpfe. Auf die bis dahin verwendeten Schiebepotentiometer wurde in der B-Version nun endgültig verzichtet. Rechts sieht man die Skala, wobei nun die Zahlen und Striche im üblichen blau leuchten. Der Skalenzeiger ist auch beleuchtet, die im Foto dunkel dargestellte kleine Fläche leuchtet im Radiobetrieb rot. Dass im Foto der Zeiger dunkel ist. liegt lediglich daran, dass der Receiver auf PHONO steht (siehe im Bild darüber), da wird die Lampe im Zeiger dann abgeschaltet. Rechts die Lautsprchergruppen-Wahlschalter und – natürlich – das absolut Marantz-typische, querliegende Tuningrad, im Prospekt und auf der Front als Gyro-Touch bezeichnet. Die Klangsteller, von denen der 2238B gleich drei hat (Bässe – Mitten – Höhen), sind kanalweise einzeln verstellbar Auf der Rückseite gibt es die üblichen Lautsprecherklemmen und Cinchbuchsen. Für die Antenne ist bereits ein “moderner” Koaxstecker vorhanden. Praktisch ist das Spannungskarussell, welches den Anschluss an 100, 120, 220 oder 240V ermöglicht – steht jetzt auf 240 Volt.

Auch wenn wir bekanntermaßen keine allzu großen Freunde der Marke Marantz sind (dies liegt einzig nur daran, dass viele Leute diese Marke grundlos für viel hochwertiger halten, als sie es ist), ist dieser 2238B ein Zeugnis dafür, dass Geräte mit nunmehr über 40 Jahren auf dem Buckel noch fehlerfrei funktionieren, sehr gut klingen und dabei noch völlig unverbraucht aussehen. Zusätzlich vermitteln einem die Hifi-Geräte aus dieser Zeit immer wieder den Eindruck beinahe unvergänglicher Haltbarkeit, welche man so gerne auch bei anderen technischen Produkten hätte, aber zumeist vergeblich sucht.

Ein schönes Stück Zeitgeschichte und Kulturgut zugleich!