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Kenwood KA-6100

Kenwood gehörte im Jahr 1977 zu den ganz großen Anbietern im Hifi-Sektor, noch dazu verfügte dieser Hersteller über ein sehr breites Angebot. Im Katalog dieses Jahrganges finden sich tatsächlich sieben Vollverstärker, ebenso viele Tuner, sechs Receiver, sechs Plattenspieler, drei Kassettendecks, neun Lautsprecherboxen sowie noch etliches an Zubehör. Hinzu kamen noch die High-End-Geräte, die Kenwood damals unter dem Label Extra Dry führte. Diese hatten alle Bezeichnungen, die mit L begannen und noch heute als Legenden bezeichnet werden.

Es lohnt sich aber durchaus auch mal auf die Geräte zu schauen, die nicht nur ein Traum waren (und dies ja zumeist auch blieben), sondern die, die tatsächlich häufig verkauft wurden. So auch dieser Verstärker, den ich heute vorstelle. Er kostete damals 798,- DM und war so etwas wie Mittelklasse, allerdings eine, die man durchaus ernst nahm. Niemand, der einen KA-6100 kaufte, musste sich deswegen schämen. Nein, ein durchaus respektabler Verstärker mit zwei mal 70Watt sinus an 4 Ohm nach DIN und einem Gewicht von 11,5 kg.

Bei seinem jetzigen Besitzer setzten die Kanäle häufig aus und als er mal etwas lauter stellte, kamen Qualmwolken aus dem Inneren und der Verstärker stellte darauf hin seinen Dienst ein. Außer der Beleuchtung der Power-Meter ging nichts mehr. In diesem Zustand kam er zu uns.

Die Ursache für den Qualm war rasch gefunden. Die Treiber waren zuvor bei einer vorangegangenen Reparatur schon einmal erneuert worden. Die Originaltransistoren 2SA794 und 2SC1567 waren durch BD139 und BD140 ersetzt worden. Der Ersatz n sich geht in Ordnung, jedoch war dies so nachlässig gemacht, dass einige Leiterbahnen sich schon in Auflösung befanden. Vermutlich ging die rechte Endstufe deswegen erneut kaputt.
Die beschädigten Leiterbahnen wurden also nach dem Ersatz der defekten Transistoren mit Drähten nachgebildet, um für sicheren Stromfluss zu sorgen. Die Endstufe funktionierte danach bereits wieder einwandfrei. Die Sicherungen des Netzteils waren durchgebrannt, die stromverstärkenden Endtransistoren waren alle noch völlig in Ordnung – offensichtlich auch bei der  ersten Reparatur ebenso, denn es waren noch die originalen Transistoren vom Werk verbaut. Offenbar sprechen die Sicherungen rascher an, als die Endtransistoren, was eine gute Konstruktion ist.
Auch an den Schaltern und Potis kponnte man gut erkennen, dass hier schon dran “gewerkelt” wurde. Diese merkwürdigen Ablagerungen stammen von Ballistol oder ähnlichen “Wundermitteln”, die leider nur kurzfristig Abhilfe bei Kontaktschwächen schaffen, dafür aber lange Zeit Schmutz- und Staubablagerungen ansammeln.
Auch hier an dem ausgebauten Eingangswahlschalter sind diese Ablagerungen deutlich zu sehen.
Zerlegt man den Schalter kann man deutlich sehen, dass diese Kontaktreiniger nicht das halten, was sie versprechen. Die Kontaktflächen sind dunkel angelaufen. Aussetzer bei der Wiedergabe und laute Geräusche beim Schalten sind die Folge.
Nach unserer gründlichen Reinigung sehen die Schalter wieder aus wie neu – und so funktionieren die auch wieder.
Dem Tape-Monitor-Schalter ging es ebenso, hier waren die Kontakte teilweise grün, was auf Grünspan schließen lässt.
Aber auch hier wurde alles wieder auf Hochglanz gebracht und funktioniert wieder ohne jedes Geräusch.
Hier eine Übersicht über den gesamten Verstärker von oben. Das Lautsprcherrelais wurde im Rahmen der Überholung erneuert.
Die Endstufentransistoren im TO-3-Gehäuse sitzen auf einem großen Kühlblech.
Der KA-6100 besitzt getrennte Netzteile für jeden Kanal – in dieser Preisklasse wurde das kaum jemals angeboten!
Die beiden oben gezeigten Schalter wieder an Ihrem Bestimmungsort. Auf dieser Leiterplatte befindet sich auch der Phono-Vorverstärker, um die Einstreuungen möglichst gering zu halten. Die Schalter werden deswegen über lange Stangen betätigt.
Von unten schaut man auf die große Platine.
Äußerlich ist der KA-6100 sehr sachlich gehalten, die Alufront mit silbernen Knöpfe wird wohl niemals unmodern.
Die beiden Power-Meter sind beleuchtet und lassen den Verstärker hochwertiger erscheinen.
Mit den Kippschaltern lassen sich Filter, Loudness und Tone schalten, aber auch die Empfindlichkeit der Power-Meter. So schlagen diese auch bei Zimmerlautstärke schon deutlich sichtbar aus.
Die Lautstärkeknöpfe mussten zu dieser Zeit immer möglichst groß sein, dann lässt sich der Pegel sehr fein einstellen.
Hinten findet man Cinchbuchsen für Phono, Tuner und Aux, sowie für zwei Tapes, einer davon sogar zusätzlich als DIN-Buchse. Man kann zwei Paar Lautsprecher anschließen. Für die 798,- DM bekam man doch sehr viel Verstärker geliefert – und das der nach rudn 40 Jahren noch immer einwandfrei funktioniert, spricht ja wohl Bände.

Übrigens: wir kümmern uns um solche Geräte der unteren Preislagen, mit derselben Aufmerksamkeit und Zuwendung wie den großen und teuren. Die kleineren Geräte haben das ebenso verdient, finden wir.