· 

Kenwood KA-6150



Im Jahr 1977 war Kenwood einer der ganz erfolgreichen Hifi-Hersteller am Markt. Kaum ein Vergleichstest in einer der großen Hifi-Magazine (Audio, Hifi-Stereofonie, Stereo, Fono-Forum, Hifi-Vision und Klangbild) ging ohne ein Produkt dieses Anbieters. Kenwood war einer der so genannten Hifi-Vollsortimenter, die also alle Gerätekategorien anboten. Man hatte Verstärker, Tuner, Receiver, Endstufen, Vorverstärker, Plattenspieler, Kassettendecks, Lautsprecherboxen und nebst Zubehör auch noch Car-Hifi im Angebot. Und das vom Einsteigergerät bis High-End. Es gab einen Vollverstärker für 298,- DM (KA-1500MKII) aber auch eine Mono-Endstufe für rund 6.000,- DM (L-09M) im Katalog. Kenwood bot einfach sehr viel und hatte ein weitreichendes, gut organisiertes Händlernetz, welches der damalige Vertriebschef Wilhelm Küchler aufgebaut hatte. Er wurde später verdientermaßen Geschäftsführer der Kenwood Deutschland GmbH.

Das Programm von 1978/79 hatte allein acht Vollverstärker zur Auswahl, vom Model 600 bis herunter zum kleinen KA-1500MKII. In der Mitte gab es einen KA-6100, mit zweimal 80 Watt sinus an 4 Ohm, einem Gewicht von 11,5 kg und einem attraktiven Preis von 898,- DM. Diesen Verstärker gab es in Deutschland nur in silber unter der Bezeichnung KA-6100. In den Audio-Clubs der alliierten Militärs, die übrigens zoll- und steuerfrei einkaufen durften und daher für die Hifi-Geräte unglaublich wenig bezahlten, gab es zusätzlich noch die Variante KA-6150, dessen Front in “gun metallic grey” gestaltet war – ansonsten aber völlig baugleich. Und solch einen Verstärker hatte ich gestern auf dem Tisch, der ist natürlich seltener als die silberne Version.

Es handelt sich um eine ebay-Auktion aus dem Januar 2017. Der Erwerber ließ den Verstärker direkt zu uns senden, er hat ihn also noch nie gesehen. Nach dem Öffnen bot sich mir dieses Bild:
Staub und dicke Schmutzschichten überall…
…gerade im Kühlkörper, da direkt darüber die Öffnungen für die Abführung der Wärme angeordnet sind…
..aber auch die Metallflächen begannen schon überall zu oxidieren…
…das Acrylglas der Power-Meterbeleuchtung war schon blind, die Platinen fingerdick mit Staub belegt…
… auch aussen ein trauriger Anblick, sogar ein Knopf fehlte…
…am schlimmsten sah jedoch das Speaker-Terminal aus, hier waren zwei Schraubköpfe komplett abgebrochen, andere nur teilweise zerstört – aber ingesamt nicht mehr zu retten.
Also habe ich dies zunächst ausgebaut und dann eine schwarze Kunststoffplatte zugeschnitten, auf der ein neues Terminal Platz nehmen kann. Auch hier war alles verdreckt…
…aber das lässt sich ja schließlich reinigen.
Die zugeschnittene Kunststoffplatte wurde angezeichnet und mit zwei Löchern versehen, damit diese Platte mit den Schrauben des originalen Terminals verschraubt werden kann. Zusätzliche Löcher in die Rückwand bohren geht gar nicht!
Im angezeichneten Feld werden nun die Bohrungen gesetzt, in die das neue Terminal montiert wird.
Ich habe Polklemmen verwendet, die hier bereits auf der Platte montiert sind. Die Schutzfolie ist dort entfernt, was den Farbunterschied zum vorherigen Foto erklärt.
So schaut das von der Rückseite her aus.
Die Platte ist nun an der Verstärkerrückwand montiert.
Auf diesem Foto ist die Verdrahtung des neuen Terminals zu sehen, es wurde natürlich 1:1 vom alten Terminal übernommen.
Da ich nun schon die Rückwand abgebaut hatte, bot es sich an,  dort gleich weiter zu machen. Die hierzulande verbotenen US-Steckdosen wurden still gelegt (unten im Bild zu sehen).
Anschließend kamen die beiden Schalter (Eingangswahl und Tape-Monitor) nebst Phono-Vorverstärker an die Reihe. Diese Platine befindet sich wohlweislich an der Rückwand, in direkter Nähe der Eingangsbuchsen, um die Signalwege sehr kurz zu halten.
Die Dreh-Schiebe-Schalter wurden ausgelötet…
…zerlegt und
…gründlich gereinigt. Man kann hier gut sehen, wie die Kontaktreiter schon Spuren in die Kontaktleisten geschliffen haben, …
…nach der Metall-Politur mit Lederstäbchen, Abspülen mit Sprühwäsche und anschließender Hochglanzpolitur mit Leinenstäbchen, glänzen die Kontaktleisten aber wieder wie neu. Als Versiegelung wird dort ein Film aufgetragen (“Schutz” von Cramolin).
Die gereinigten Schalter sind hier bereits wieder eingelötet, dann wurden die Elktrolyt-Kondensatoren (Elkos) im Phono-Vorverstärker noch ausgetauscht, hier bereits eingesetzt, aber noch nicht eingelötet.
Nach Fertigstellung einer Platine wird natürlich alles gründlich gereinigt, man sollte einer Platine nicht unbedingt ansehen, wo dort gelötet wurde.
Damit waren im hinteren Teil des Verstärkers alle Arbeiten beendet und ich widmete mich dem vorderen Teil. Zunächst wurde das Acrylglas der Beleuchtung der Power-Meter abgebaut und gereinigt.
So schaut das doch schon wieder ganz anders aus, oder?
Auch das Lautsprecherrelais wurde erneuert, man sieht den Kontakten durchaus die 40 Jahre an – sie sind völlig schwarz, obschon hartvergoldet. Hier macht die Reinigung nur in Notfällen Sinn, denn die Vergoldung ist nur hauchdünn und ist bei einer Reinigung leider völlig verschwunden.
Hier das neue Relais bereits am Platz. Glücklicherweise sind diese Relais noch erhältlich.
Es wurden noch etliche Elkos erneuert und anschließend das ganze Gerät innen gründlich gereinigt.
Nun sind auch die Endtransistoren im TO3-Blechkleid gut sichtbar, die zudem recht großzügig dimensioniert sind. Sie können immerhin 80 Watt Verlustleistung in Wärme wandeln und zwar pro Transistor. Das sind hochwertige Sanken mit einer Transitfrequenz von 20 MHz – leider bekommt man heute kaum noch adäquaten Ersatz.
Das Netzteil versorgt mit zwei sekundären Hauptwicklungen am Trafo und zwei Gleichrichtern und vier Siebelkos zu je 6.800µF jede Endstufe einzeln – so etwas nennt man auch Doppel-Mono-Netzteil. In dieser Preisklasse selten anzutreffen.
Die Platinen sehen nun auch wieder halbwegs anständig aus.
Auch von aussen wurde alles sorgfältig gereinigt. Die Verfärbungen auf dem Blechdeckel stammen vermutlich von Aufklebern, die dort jahrelang keine Sonne hinließen.
Die Front sieht wieder beinahe neuwertig aus, das gun grey metallic mit den silbernen Knöpfen hat schon ein beeindruckendes Aussehen.
Die beiden beleuchteten Power-Meter, die umschaltbar sind: entweder 80W oder 3W für Vollausschlag.
Die Knöpfe badeten alle 30 Minuten in einem beheizten Ultraschallbad, da werden alle Verschmutzungen auch aus den kleinsten Ritzen herausgewaschen.
Die großen Knöpfe für Lautstärke, die in dieser Zeit üblich waren, sind immer sehr hilfreich bei der Feineinstellung des gewünschten Pegels.
Oben Anschlüsse und Überspielmöglichkeiten für zwei Tapes und Eingangswähler für Phono, Tuner und Aux. Unten die Klangeinstellmöglichkeiten. Der fehlende Knopf wurde selbstverständlich ersetzt.
Hinten finden sich die nötigen Anschlussbuchsen, ein Tape auch zusätzlich in DIN. Rechts die Anschlüsse für die Lautsprecher und darunter die stillgelegten US-Steckdosen.
So sieht das neu gebaute Lautsprecher-Anschluss-Terminal aus, beim kaputt machen der alten Klemmen sind wohl Werkzeuge verwendet worden, die ihre Spuren leider auch an der Rückwand hinterlassen haben.

Insgesamt ein durchaus erhaltenswürdiger Verstärker der Mittelklasse, hier in der selteneren gun grey metallic-Version.