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Kenwood Super Eleven



Viele Geräte von Kenwood tauchen in den Prospekten der jeweiligen Jahrgänge nicht auf. Sie wurden regulär nicht verkauft oder angeboten. Manche Geräte, so wie der hier vorgestellte Receiver Super Eleven wurde in erster Linie für die Audio Clubs der amerikanischen und britischen Streitkräfte hergestellt. Die Umsätze in den beiden Orhganisationen AAFES (Army and Air-Force Exchange Services) der Anerikaner und NAAFI (Navy, Army and Air Force Institutes) der Briten waren enorm hoch. Beide Organisationen dürfen keine Gewinne machen, zudem wird steuer- und zollfrei an Militärangehörige verkauft. Dadurch ergaben sich Preise für die in den PX (Post Exchange)-Shops verkauften Geräte, die einem privaten Hifi-Liebhaber nur die Kinnlade herabsinken ließ. Der hier gezeigte Receiver mit immerhin 2 mal 140 Watt sinus Ausgangsleistung und einer überragenden Ausstattung kostete 1980 im PX-Shop lächerliche 598,- $ (bei einem Kurs von etwa 2 DM damals). Ein ähnlich großes Gerät kostete in Deutschland im Laden etwa 3.500,- DM. Häufig verkauften die Soldaten die meist riesigen Geräte vor ihrer Rückkehr in die Heimat an Deutsche, die die Geräte gerne kauften, weil sie so preiswert waren, wobei die Soldaten kaum Verluste zu beklagen hatten. So ein Super Eleven wechselte meistens für rund 1000,- DM den Besitzer. Unter den Soldaten herrschte ein Konkurrenzkampf, was die Abmessungen, die Ausgangsleistung und die Ausstattungsumfänge anbelangte: es konnte gar nicht groß genug, stark genug und gar nicht mehr Ausstattungs-Firlefanz haben! So enstanden in dieser Zeit wahre Monster, wie der SX-1980 von Pioneer oder der G-33000 von Sansui. Oder eben auch der hier gezeigte Super Eleven.

Ein Blick von unten in das Gerät deutet an, wie groß der Receiver ist: 62cm Breite, 47 cm Tiefe und 21 cm Höhe sind schon eine Ansage! Von oben erkennt man die Baugruppen: links oben der Netztrafo, rechts daneben das Netzteil mit der Schutzschaltung, davor die Endstufen, rechts der Tuner, vorn an der Front die diversen Anzeigen und Beleuchtungen, samt Bedienelementen. Vorne an der Front findet man diese Power-Anzeige, mit einer damals hochmodernen Fluoreszens-Anzeige von NEC. Weiter links noch so eine Fluoreszensanzeige für die Frequenzanzeige des Drehko-Tuners (kam um 1980 gerade stark in Mode!). Die Endstufe besteht aus riesigen Kühlkörpern mit je zwei leistungstarken TO3-Transistoren. Insgesamt gilt bei diesem Modell aber: mehr scheinen als sein. war bei den Audio-Club-Geräten aber durchaus üblich. Der Tuner ist ein gewöhnlicher AM/FM-Tuner, ohne herausstechende Eigenschaften – aber ordentlich ausgeführt. Der Empfang ist solide. Äußerlich waren auch 1980 noch Holzgehäuse angesagt – jedenfalls bei den Soldaten. Alle diese Monsterreceiver hatten welche, wenn auch, so wie dieses hier ebenfalls, nur in Kunststofffolie eingepackt. Die Front war schwarz, groß und unübersichtlich – gut so – genau das war gefragt! Fangen wir mal links an, da gibt es Schalter für drei Lautsprechergruppen, von denen man zwei auswählen kann. Daneben die elektronischen Zappel-Meter in Watt, umschaltbar auch auf Zimmerlautstärke. In der Mitte ist ein Lichterblock eingebaut, der im Takt der Wiedergabe flackert, sobald man die Halleinrichtung benutzt. Auch so etwas war den Soldaten beliebt, es gab sogar Modelle (z.B. den KR-6170) der einen eingebauten elektronischen Rhytmusgeber hatte. Dort konnte man zwischen Bossa Nova, Walzer und vielen anderen Rhytmen wählen. Beim Super Eleven hatte mn zum Glück darauf verzichtet. Rechts im BIld die Frequenzanzeige des Tuners. Auch die Eingangswahl wurde im Display mit Lampen angezeigt, eine Abstimmhilfe mit zwei roten Pfeilen und einem grünen Punkt in der Mitte, samt Stereoanzeige darüber fehlt ebensowenig, wie die grüne LOCKED-Anzeige, die aufleuchtet, sobald man den Senderwahlknopf los lässt (Touch-Sensor Servo-Lock). Was bei Kenwood Audio-Club-Geräten nie fehlen durfte, war der Timer! Eine bis zu zwei Stunden aufziehbare mechanische Uhr schaltete das Gerät nach Ablauf der vorgewählten Zeit aus. Das konnte man prima abends zum Einschlafen verwenden und sparte einem das Aufstehen zum Abschalten des Gerätes. Zum Verändern des Klanges reichen natürlich nicht zwei Potis für Bässe und Höhen, nein hier wird ein Siebenfacher Equalizer eingesetzt, der aber abschaltbar ist. Die Klangbeeinflussungen des Equalizers und der Halleinrichtung konnten auf Wunsch sogar auf Band oder Kassette aufgenommen werden. Natürlich gab es auch einen zumischbaren Mikrofoneingang. Hinten sind Cinchbuchsen für zwei Plattenspieler, Reserve und zwei Tapes zu finden (eines davon zusätzlich mit DIN-Buchse). Hier kann auch ein Adapter eingeschleift werden, wofür immer man das verwenden konnte oder wollte. Wie üblich bei Audio-Club-Geräten: man kann alle Spannungen einstellen und alle Deemphasis-Einstellungen wählen. Die Soldaten wurde während ihrer Dienstzeit häufig in andere Länder versetzt, so dass diese Einstellungmöglichkeiten wirklich ihre Berechtigung hatten.

Diese großen Receiver, die damals oft despektierlich als “Kindersärge” tituliert wurden, sind auch Teil der Hifi-Geschichte, auch wenn sie nicht so häufig auftauchen. Es finden sich auch für diese Nischengeräte Liebhaber, die solche “Amikisten” gerne erhalten möchten. Glücklicherweise sind nicht alle Geschmäcker gleich.