Die Geschichte der Marke Marantz ist schon häufig erzählt worden. Die Rolle dieser Marke in Deutschland begann Ende 1971 durch den damaligen Importeur Bolex in Ismaning bei München. Eigentlich
ein Kamerahersteller, nutzte die Firma Bolex das kräftig wachsende Hifi-Geschäft als zweites Standbein. Neben dem renommierten Plattenspielerhersteller Thorens nahm man noch die Marke Marantz
hinzu und schaffte in Deutschland den guten Ruf dieser Marke, der noch bis heute anhält.
Zunächst hatte dieser Hersteller, neben Verstärkern und Tunern, vier Receiver im Programm nämlich 2215, 2230, 2245 und 2270 – alle aus japanischer Pruduktion. Daneben gab es noch ein fünftes
Modell, den 19 aus amerikanischer Produktion – der, nicht zuletzt wegen des eingebauten Mini-Oszilloskops, für sagenhafte 6.500,- DM verkauft wurde, jedoch nur selten. Die vier Japaner hingegen
wurden echte Megaseller, wobei auch hier Preise verlangt wurden, die nicht gerade als preisgünstig bezeichnet werden konnten. Der 2270 zum Beispiel kostete schon 2.895,- DM (zum Vergleich: ein
Citroen 2CV war zu dieser Zeit bereits für 4.250,- DM zu haben). Dennoch wurde gerade der 2270, nach dem 2245, als einer der häufigst verkauften Marantz-Receiver dieser Epoche in die Geschichte
eingehen. Noch heute häufig angeboten und für nicht mehr ganz nachvollziehbare Preise angeboten.
Ich persönlich bin kein großer Freund dieser Receiverbaureihe, da ich die gebotene Service-Qualität nicht überragend finde – es ist nur der legendäre Ruf der Marke. Im Jahre 1975 erscheint der
Nachfolger des 2270 – der 2275. Er kostete, trotz einer kleinen Leistungssteigerung, “nur” noch 1.998,- DM. Importeur war inzwischen eine deutsche Niederlassung des inzwischen rein japanischen
Mutterkonzerns, die Superscope GmbH, später in Marantz Deutschland GmbH umbenannt, sesshaft in Sprendlingen nahe Frankfurt. Der 2275 ist bei Liebhabern der Marke nicht so beliebt wie sein
Vorgänger, dort gilt allgemein die Devise: “je älter, umso besser”. Diese Meinung kann ich wirklich nicht teilen. Ich mag den 2275 viel lieber und stelle ihn daher heute hier vor. Technisch
betrachtet ist da nicht wirklich viel verbessert worden, es ist aber die erste Receiver-Baureihe von Marantz, die man als servicefreundlich bezeichnen darf. Er wiegt 17,8 kg und leistet 2 mal 75
Watt (nach IHF) an 4 und 8 Ohm, was nach DIN 2 mal 90 Watt sinus an 4 Ohm ergibt.
Dieser 2275 war technisch nicht defekt, hatte aber die üblichen Alterserscheinungen und wurde deswegen einer umfassenden Überholung unterzogen. Die Skala eines Marantz-Receivers begeistert neu
durch dieses wundervolle, blau leuchtende Licht. Es lässt aber im Laufe der Jahre leider stark nach, weswegen es seine Faszination immer mehr verliert. Zur Auffrischung genügt es nicht nur neue
Lampen einzubauen und dabei das weisse Kunststoff-Lampengehäuse innen zu putzen, sondern man muss auch die Diffusionsfolie hinter der Skala erneuern, da diese stark vergilbt. Hier ist die
originale Folie aus Papier von 1975 zu sehen, im Manual als “vellum” bezeichnet.
Die neue Folie, die wir verwenden, ist aus hitzebeständigem Kunststoff, welches kaum vergilbt.
Da ist kaum ein Unterschied zu sehen, oder? Daher habe ich beide Folien mal auf den Tisch gelegt, dann sieht man deutlich den Unterschied.
Die Skala wird gründlich gereinigt und dann mit speziellem Klebeband (doppelseitiges Klebeband ohne Träger!) die Diffusionsfolie daran befestigt.
Hier sitzt sie bereits an Ort und Stelle.
Ausser den Pilotlampen hinter der Skala wurden auch alle Quellen-Anzeigelämpchen erneuert, dort werden BiPinlampen in 8V mit 40mA verwendet. Bei nach oben abweichenden Werten riskiert man eine
starke Verformung des Lampengehäuses aus Kunststoff. Unten sind die alten Lampen zu sehen, die zweite von rechts (Stereo) wurde bereits mal artfremd ausgetauscht.
Das sind die acht neuen BiPin-Lampen, die wir extra aus den USA importieren.
Im Rundfunkteil gibt es zwei getrennte Drehkondensatoren für AM und FM (rechts im Käfig). Hier wurde gereinigt und anschließend neu abgeglichen.
Die Schalter wurden wie üblich gründlich gereinigt, hier der TONE MODE-Schalter im Bild.
Die Servicefreundlichkeit zeigt sich hier – nach lösen einiger Muttern und Schrauben, sowie einer einzigen Steckverbindung lässt sich die gesamte Platine heraus nehmen – so ist das vorbildlich.
Beim Vorgänger hingen sämtliche Platinen an viel zu kurzen Drähten, so dass man kaum an etwas vernünftig heran kam.
Alle Elkos mit kleinen Nominalspannungen (unter 16 V) und Tantalelkos im NF-Bereich werden bei uns prinzipiell erneuert, da diese erfahrungsgemäß häufig zu Defekten neigen.
Auf diesem Bild ist die Skalenscheibe bereits wieder montiert und die Faszination der Marantz-typisch blauen Skala stellt sich wieder ein. Auch Stereo leuchtet wieder.
Nach und nach kam jede Platine an die Reihe, hier der Phonovorverstärker.
Hier eine der beiden Endstufen, die man ebenfalls ganz leicht komplett heraus nehmen kann – sehr gut!
Der komplette Endstufenblock samt Kühlkörper und TO3-Endtransistoren, hier von der anderen Seite.
Nur vier Schrauben und zwei Steckverbinder…
Das ist der Überblick in das offene Gerät von unten.
An diesem Klemmenblock kann die Primärspannung umgeschaltet werden. Die braune Brücke muss gelb mit orange verbinden für eine 240V-Netzspannung wie gezeigt (empfohlen), zusätzlich gehört das
gelbe Kabel unten rechts noch eins weiter nach rechts, so dass es statt mit grün mit blau verbunden ist (hier noch nicht erledigt).
Das ist das Kleinspannungsnetzteil mit Schutzschaltung und Relais. Auch hier wurden Elkos und das Relais erneuert.
Auch hier eine Übersicht von oben.
Das Gehäuse mit dem Marantz-typischen kunstlederbezogenem Deckel in Holzimitation.
So sah der 2275 auch 1975 aus, als er brandneu war! Ist es nicht schön, dass diese über 40 Jahre alten Geräte noch heute (fast) wie neu aussehen und auch so funktionieren?
Auf der linken Seite gibt es eine Reihe von Schaltern: Dolby-FM (der Receiver ist dafür vorbereitet, es kam aber nie zum Einsatz), Umschaltung des linken Anzeigeinstrumentes von Feldstärke auf
Mehrwegeempfang (Multipath), Höhenfilter für Radio, Mono-Schalter links und rechts getrennt oder gemeinsam sowie zweimal Tape Monitor.
Der Balancesteller ist als Schiebepotentiometer ausgeführt. Der Skalenzeiger leuchtet nur in den Schalterstellungen FM und AM.
Der Gyro-Touch-Kreisel ist schon so etwas wie ein Markenzeichen von Marantz.
An der Front finden sich noch zusätzliche Tape-Buchsen in 6,3mm-Klinkenform für die Überspielung von mitgebrachten Geräten von Freunden und Bekannten. Rechts daneben der
Eingangswahlschalter.
Das Klangregelteil ermöglicht neben Bässen und Höhen, auch noch die Beeinflussung der Mitten. Die Stereo-Lampe (oben rechts in rot) leuchtet nicht nur bei FM-Stereo, sondern auch bei AUX und
Phono – solange keine Mono-Taste gedrückt ist.
Auf der rechten Seite gibt es noch Rumpel- und Rausch-Filter, Loudness, Rauschunterdrückung bei der FM-Senderwahl, die beiden Wahlschalter für die Lautsprechergruppen (bei Marantz traditionell
als MAIN und REMOTE bezeichnet) und der Ein-/Aus-Schalter.
Hier die Rückseite des Receivers, mit den Marantz-typischen Lautsprecherklemmen, die darunterliegenden US-Steckdosen wurden natürlich still gelegt (wegen der VDE-Vorschriften).
Um 1975 hielt man immer noch das “Märchen” von der Entwicklung in den USA und der Fertigung in Japan aufrecht, obwohl Superscope bzw. Marantz in Sun Valley, California seinerzeit kaum mehr als
eine Briefkastenadresse war. Allerdings hatten die allermeisten Marantz-Geräte immer noch Endstufentransistoren von Motorola eingebaut – made in USA!
Eine weitere Besonderheit der Marantz-Receiver waren diese Buchsen, die weder Brücken noch einen zusätzlichen Schalter benötigen, denn im Innern der Cinchbuchsen befinden sich Schaltkontakte, die
mechanisch von den Cinchsteckern betätigt werden. Die Auftrennung der Vorverstärkerausgänge bzw. Endverstärkereingänge erfolgt also automatisch durch das Einführen von Cinchsteckern in eben diese
Buchsen. Erstaunlicherweise funktioneren diese Kontakte in 99% aller Fälle noch heute völlig problemlos.
Insgesamt lässt diese Beschreibung aus meiner Sicht den Schluss zu, dass diese Baureihe (2215B, 2225, 2235N, 2250B, 2275 und 2325) vom Service-Betrachter aus erheblich besser sind, als die
früheren Modelle. Klanglich sehe ich da nicht die geringsten Unterschiede, auch die oftmals beschriebene nachlassende Fertigungsqualität konnte ich in dieser Modellreihe nicht finden.