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Marantz 300DC



1976 wechselte der Vertrieb für Deutschland von Produkten der Marke Marantz, hergestellt von Standard Radio Corporation in Japan. Die renommierte Vertriebsfirma Bolex in München wurde kurzerhand gekündigt, statt dessen eröffnete man einen eigenen Vertrieb in Sprendlingen bei Frankfurt. Diese Firma bekam den Namen Superscope Vertriebs GmbH. Keine Geschichte einer Hifi-Marke ist verworrener als die der Marke Marantz, die bereits 1964 von seinem Gründer Saul Marantz verkauft wurde. In diesem Jahr des Vertriebswechsels hatte man große (Umsatz-)Ziele, diese versuchte man mit einer riesigen Erweiterung des Sortiments zu erreichen. So kamen im Jahr 1977 Vor- und Endverstärker, Kassettendecks und Plattenspieler ins Programm, selbst Lautsprecher fehlten nicht. Einer dieser neuen Geräte war eine Endstufe namens 300DC, die man in Deutschland für 1.998,- DM anbot. Dafür wurden 2 mal 152 Watt sinus an 8 Ohm geboten (nach der strengen IHF-Norm bei einem Klirr von max. 0,015%), nach DIN waren es sogar 2 mal 260 Watt an 4 Ohm. Somit waren die 2.000 DM für die 20kg schwere Endstufe ein echter Kampfpreis und der Erfolg blieb dann auch nicht aus. Sogar beleuchtete Power-Meter waren in dieser Endstufe vorhanden.

Diese Endstufe stand nun bei mir auf dem Tisch und ich möchte nicht versäumen sie hier näher vorzustellen:

Servicefreundlichkeit ist ja leider nichtv unedingt die Domäne von Marantz-Geräten. Die 300DC ist in dieser Hinsicht aber glücklicherweise ganz ordentlich. Man kann die Endstufenblöcke nach Lösen von sechs Schrauben und drei Steckern komplett herausnehmen. Das erleichter die Arbeit ganz wesentlich. Oben auf dem Bild ist ein Kanal zu sehen. Dies ist die Stelle im Gerät, wo dieser Endstufenblock sitzt, Service ist also bei diesem marantz-Modell wirklich kein Problem. Oben links im Bild ist das bereits erneuert Relais zu sehen, auch etliche Kondensatoren wurden auf allen Platinen erneuert. Hier ist die bearbeitete Platine wieder eingebaut. Es muss nur der Offset (Gleichspannungsfreiheit am Lautsprecherausgang) eingestellt werden, die Ruhestromregelung erfolgt automatisch. Auf der anderen Seite der Kühlkörper befinden sich die stromverstärkenden Endtransistoren, die zwar Marantz-Stempel tragen, jedoch von Toshiba kommen. Diese können immerhin 15A, 150 W und haben eine Transitfrequenz von 15 MHz – heute kaum noch zu ersetzen. Gut, dass die nicht kaputt waren. Hier eine Gesamtübersicht in das offene Gerät. Sofort ins Auge fällt die doppelte Stromversorgung aus einem riesigen Trafo mit vier identischen Sekundärwicklungen für die +/- 70V Hauptversorgung der Endstufen, erkennbar an den vier Siebelkos mit jeweils 10.000µF. Unten im Bild sieht man die weissen Lampengehäuse der Power-Meter. Von außen wird hier eher Zurückhaltung geübt, weder ist die Endstufe besonders groß noch gibt es irgenwelche anderen Auffälligkeiten an ihr. Die Front wird von den beiden (etwas bunten) Power-Anzeigen dominiert, es gibt, außer dem Netzschalter nur noch Pegelsteller und einen Drucktastensatz für Anzeige, sowie zwei rote LED’s für Leistungsspitzen (Peak). Die Gestaltung der Frontplatte orientiert sich stark an den noch von Saul Marantz vorgegebenen Designvorstellungen – und ist daher sofort als Marantz-Gerät zu erkennen. Die blau und rot eingefärbten Skalen der Power-Meter tauchen z.B. auch in den Skalen von Marantz-Receivern auf. Das Schild weist stolz auf die DC-Kopplung der Endstufe hin. An der Rückwand zum Glück nur ein Satz Cinchbuchsen und Anschlussklemmen für ein Paar Lautsprecher – so soll es sein. Rechts der Spannungsumsteller, der jetzt natürlich auf 240V steht. Auch hier gibt es kleinen Schalter neben den Eingangsbuchsen. Viele Gerätebesitzer fragen mich immer wieder, wozu der gut sein soll und welche Stellung die “bessere” ist. Die Antwort darauf: die Endstufe ist DC-gekoppelt, was bedeutet, dass im gesamten Signalweg kein einziger Kondensator (der ja Gleichspannung nicht durchlässt) befindet. Liefert man also (versehentlich oder durch Defekt) Gleichspannung an die Cinchbuchsen, dann kommt auch eine deutlich höhere Gleichpannung am Ausgang zu den Lautsprechern, welche diese in kürzester Zeit zerstören würden. Die defekten Lautsprecher wiederum würden wahrscheinlich durch Kurzschluss auch die Endstufen zerstören. Es ist als daher immer besser, den Schalter in AC-Coupling (an anderen Geräten auch Subsonic genannt) zu belassen. Einziger Nachteil dabei: der Frequenzbereich, den die Endstufe verstärkt beginnt dann erst bei ca. 10 Hz und nicht mehr bei 0 Hz, wie in der Stellung DC. Aber diese fehlenden 10 Hz sind leicht zu verschmerzen, denn in diesem Frequenzbereich gibt es einfach keinerlei musikalischen Informationen...

Es ist wohl ein offenes Geheimnis, dass ich kein allzugroßer Freund der Marke Marantz bin, aber diese Èndstufe ist wirklich ordentlich gebaut und zudem servicefreundlich. Sie kann sich mit anderen Endstufen dieser Preisklasse durchaus messen und sieht dabei gar nicht mal schlecht aus.