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Kenwood L-02A

Kenwood war 1982 ein durchaus renommierter Hersteller, der in der Hifi-Szene kaum wegzudenken war. Man hatte unter der Bezeichnung “Extra Dry” Geräte der gehobenen Qualitäts- und Preisklasse auf den Markt gebracht, deren Modellbezeichnung  stets mit L-… begann. Berühmt waren die L-07C und L-07M Vor- und Endstufen, die noch heute unter Liebhabern begehrt und gesucht sind. Der erste Vollverstärker in diesem Segment, der L-01A erschien 1980 und kostete rund 4.000 DM – damals für einen Vollverstärker sehr, sehr viel Geld. 1982 legte man bei Kenwood noch einen drauf und brachte den Nachfolger L-02A auf den Markt für sagenhafte 6.000,- DM, der dazugehörende Tuner L-02T lag bei 4.000,- DM – extrem teuer! Zum Vergleich: bei NAD bekam man für 900,- DM eine Vor-/Endverstärker-Kombination mit 2 mal 180 Watt sinus (NAD 1020 und 2140)!

 

Für das viele Geld bot man so einiges: die von Kenwood propagierte non-magnetic-Bauweise (Kunststoff- bzw. Aluminiumgehäuse, um Verzerrungen zu minimieren), Sigma-Drive-Anschluss (um den Dämpfungsfaktor deutlich zu erhöhen), Netzteil in eigenem Gehäuse mit drei Trafos in Doppel-Mono-Ausführung und noch vieles  mehr. Die Ausgangsleistung war mit 2 mal 170 Watt  angegeben, STEREO hat in einem Test zweimal 200 Watt an 8 und 272 Watt an 4 Ohm gemessen. Leistung satt also.

 

Seines Gehäuses beraubt sieht der Kenner auf den ersten Blick, dass es hier keine raumgreifenden Transformatoren gibt. Diese sind alle in einem zweiten Gehäuse untergebracht. Im Verstärkerteil, dieses von Kenwood als “Separated Amplifier” bezeichneten Konzepts, finden sich die großen und kleineren Siebelkos, die beiden überaus kräftigen Endstufen und ausgefeilte Elektronik für den Rest. Es finden sich rund 150 Stecker in diesem Verstärker.

 

Dies ist eine der bearbeiteten Platinen. Hier wurden Elkos und ein Relais (das blaue) erneuert, die gesamte Platine wurde nachgelötet und gereinigt. Leider gab es schon einige Vorarbeiten, die nicht alle besonders sorgfältig durchgeführt worden waren.

 

Dies sind die Siebelkos aus der Nähe, links im Gerät untergebracht.

 

Hier der Vorverstärker mit Eingangswahlschaltung (oben) und der Phono-Vorverstärker für MM und MC (unten). Auch hier wurden einige Elkos erneuert.

 

Rechts im Bild der mit einem Hubmagneten ferngesteuerte MM/MC-Umschalter.

 

Hier ist dieser ausgebaut, um ihn zu reinigen.

 

Der Hubmagnet sitzt “huckepack” oben auf dem Schalter und betätigt ihn auf Tastendruck.

 

Das ist der eigentliche Ùmschalter von innen – alles sehr dunkel angelaufen und etwas korrodiert. Das wirkt sich bei Phono übel aus.

 

Zum Reinigen kommen erst einmal die Kontaktreiniger herunter…

 

…dann können die Kontakte gereinigt und poliert werden,

 

Die Kontaktreiter werden innen mit speziellen Reinigungsstreifen gesäubert.

 

Dies ist ein Blick auf den Kühlkörper mit den Treiber- und Leistungstransistoren von Toshiba – glücklicherweise alles noch original. Die Platine ist die eigentliche Endverstärkerplatine. Auf ihr befinden sich auch die Ausgangsrelais, die die Lautsprecher mit dem Verstärker verbinden.

 

Die Relais vom Typ G2Z werden leider schon länger nicht mehr hergestellt, sind aber zumeist völlig abgenutzt.

 

Um Ersatz dafür einbauen zu können, nutzen wir kleine Adapterplatinen mit passenden Relais und bauen diese statt dessen ein.

 

Hier sieht man die bereits eingebauten neuen Relais. Wozu man allerdings bei Kenwood zwei Relais hintereinander pro Kanal eingebaut hat, ist mir bis heute ein Rätsel.

 

Das Netzteil in dem zweiten Gehäuse beherbergt noch ein kleines Gleichspannungsnetzteil und etlichen Sicherungen, wo ebenfalls noch einige Elkos erneuert wurden.

 

Hier kann man alle drei Trafos gut erkennen. Das Netzteil allein wiegt schon 17 kg.

 

Nun ist alles bereits wieder montiert, die US-Steckdosen wurden wegen der VDE-Bestimmungen still gelegt

 

Hier sieht man die eine Möglichkeit den Verstärker zu betreiben, nämlich nicht “separated”, sondern direkt miteinander verbunden und verschraubt.

 

Dies ist die Verbindungsbuchse des Netzteiles, von hier gehen alle nötigen Spannungen zum Verstärker. Oben und unten an der Buchse gibt es zwei Federn, die das Gegenstück einrasten lassen.

 

Mit diesen Schrauben werden die beiden Geräteteile zusammen gehalten.

 

Das Gegenstück zu der Buchse am Netzteil ist der Stecker am Verstärker. Hier kommen die Spannungen vom Netzteil an. Leider fehlen an diesem Stecker die beiden Federn zum Einrasten, da ist im Betrieb also Vorsicht geboten, dass einem nicht die Buchse heraus rutscht!

 

So schaut der Verstärker insgesamt von hinten aus, die Laschen dienen für die Verschraubung des separaten Netzteiles.

 

Betreibt man die beiden Gehäuseteile getrennt, was bei einer Gesamttiefe von 49 cm zumeist notwendig wird, wird dieses mitgelieferte Kabel von knapp 2 Meter Länge notwendig. Dieses kann auf der Verstärkerseite, wegen der fehlenden Federn relativ leicht heraus rutschen.

 

Der L-02A verfügt über Sigma-Drive – ein von Kenwood erdachtes Gegenkopplungskonzept, was den Dämpfungsfaktor kräftig erhöht und den Widerstand der Lautsprecherzuleitung eliminiert, da die Leitung komplett in die Gegenkopplung einbezogen ist. Dazu werden vier Kabel benötigt, die am Verstärker getrennt und an der Box miteinander verbunden (die beiden Plus- und die beiden Minus-Leiter) werden müssen. Der Dämpfungsfaktor (der Innenwiderstand des Verstärker als Verhältnis zur Nominalimpedanz) wird dadurch so stark erhöht, dass er seinerzeit bei STEREO im Messlabor nicht mehr gemessen werden konnte.

 

Die Eingangsbuchsen sind alle vergoldet, es gibt zweimal Phono, Tuner und zweimal Tape. Der AUX-Eingang befindet sich vorne an der Front! Da es zu diesem Zeitpunkt noch keine CD-Player gab, dachte man, das ginge schon so in Ordnung. Später hätte man das ganz sicherlich anders gelöst.

 

Aber einen extra Vorverstärkerausgang gibt es noch, hiermit lassen sich weitere Endstufen ansteuern.

 

Hier ist der Verstärker von schräg oben zu sehen, extrem wenig Bedienelemente zieren die Front. Der Verstärker bekommt dadurch einen sehr schlichten, fast spartanischen Charakter.

 

Die Front wird durch eine Vielzahl von roten Leuchtdioden in einer einzigen Reihe geprägt. Links der Netzschalter, rechts der Lautstärkesteller und unten noch drei Knöpfe mit Tape, Phono und Others bezeichnet.

 

Drückt man auf den winzigen Knopf OPEN/CLOSE, fährt eine große Schublade, beinahe lautlos heraus, auf der sich alle anderen Bedienelemente befinden.

 

Diese sind von oben indirekt beleuchtet – sieht im Dunkeln einfach nur toll aus!

 

Das eine Paar Lautsprecher lässt sich hier abschalten, man kann den Frequenzgang bis herunter zu Gleichspannung oder über einen Koppelkondensator als Subsonic-Filter begrenzen.

 

Die bei Kenwood nur auf den Bass wirkende Loudness, lässt sich in 3dB-Stufen schalten und in der Einsatzfrequenz bestimmen. Das hilft bassschwachen Boxen auf die Füße.

 

Oben der REC-OUT-Selector, unten der Eingangswahlschalter für Tape und Others.

 

Daneben noch der für Phono, nebst Umschaltung MM/MC. All dies wird durch die vielen roten LEDs angezeigt.

 

Hier die indirekte Beleuchtung bei eingefahrener Schublade. Da wurde von unten nach oben fotografiert.

 

Hier die lange Reihe der roten LED’s.

 

Unterhalb des Lautstärkestellers befindet sich noch ein Knopf für Muting und ein Schiebepotentiometer für die Balance. Links sieht man den winzigen OPEN/CLOSE-Knopf und darunter die AUX-Buchsen.

 

Dieser Verstärker mit einem Gesamtgewicht von knapp 35 kg ist, nicht zuletzt wegen des exorbitanten Anschaffungspreises, nur noch sehr selten anzutreffen. Deshalb ist es mir immer wieder eine Freude, an einem solchen Gerät zu arbeiten. Dieser hier steht in Holland und ich glaube der Besitzer wird ihn noch sehr lange behalten. So etwas gibt man kaum je wieder her, oder?

 

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