Hallo alle,
bevor ich an die Beschreibung gehe, möchte ich noch eine kleine persönliche Geschichte zu diesem Gerät erzählen. Im Jahr 1972 war ich noch Hifi-Verkäufer in einem heute nicht mehr existierenden
Hifi-Studio in Berlin. Wir verkauften damals viel, etwa 20 Anlagen pro Woche (zu zweit), meistens von Marantz (die Serie 2215, 2230, 2245 und 2270 alle in blau mit holzfarbig beschichteten
Metallgehäusen). Eines Tages fragte die Inhaberin, warum wir denn den Sansui Eight, der da schon seit anderthalb Jahren im Regal steht, nicht verkaufen würden. "Der ist nahezu unverkäuflich!"
sagte ich mit Überzeugung, denn der Sansui war etwas konservativ, ja geradezu hausbacken designt, kostete 2.840,- DM und hatte dafür "nur" zweimal 60 Watt Sinus an 8 Ohm. Sie setzte daraufhin
eine Prämie von 100 DM aus, für den Fall, dass er verkauft würde. Zwei, drei Wochen später verkaufte ich ihn einem älteren Herrn, der die damaligen Spitzenboxen von Sansui (mit den
Holzverzierungen an der Front) nahm und ich ihm erfolgreich einredete, der Eight wäre der absolut geeignetste Antrieb dafür, das Geld hatte er locker... Diese Geschichte ist mir hauptsächlich
wegen der zusätzlichen 100 DM in Erinnerung geblieben, denn das war eine Menge Geld. Ich verdiente damals 1.350 DM brutto im Monat und das war ganz o.k. damals, da bekommt der Verkaufspreis des
Sansui schon einen ganz anderen Geschmack.
Und nun kam mir der erste Eight meines Lebens auf den Tisch, Manni (im Forum als feathead bekannt) sandte ihn mir zur Restaurierung. Und als er dann so da stand, ging es mir wieder, wie damals,
durch den Kopf "was soll daran nur so wertvoll sein?"
Als ich ihn öffnete und genauer betrachtete wurde es mir immer klarer, der war jede Mark wert, die er damals gekostet hat. Ein Marantz 2270, damals für 1.998,- DM zu haben ist ein schnöder
Mercedes 280 SE, der Eight dagegen ein Rolls-Royce. Der Vergleich zur Autowelt hinkt kein bisschen, Mercedes bietet solide, aktuelle Technik gepaart mit gediegener Verarbeitung - aber eben vom
Fließband. Der Rolls überzeugt mit wahnsiningem Finish, alleredelster Verarbeitung und mit dem Touch zum ewig Haltbaren - und genau das alles findet man am Eight wieder, seht selbst:
Wenn man diesen Receiver, der von 1970 stammt, immerhin 17 kg wog und mit sehr konservativer Angabe zu immerhin 200 Watt Impulsleistung fähig war (Leistungsaufnahme 420 Watt, also mehr als
glaubwürdig) so anschaut, dann versteht man, was ich damals als hausbacken empfand, oder? Aber der Teufel steckt im Detail und da kann der Eight einen mehr als nur überraschen, er begeistert
einfach.
Als erstes schalte ich jedes Gerät, welches in meine Werkstatt kommt erst einmal um auf 240 Volt, sofern dies möglich ist, da wir seit rund 10 Jahren ca. 230 Volt in unserem europaweiten Netz
haben. Beim Sansui war ich schon an dieser Stelle am zufriedenen Grinsen, bietet er doch schon hier weit mehr als alle anderen. Er läßt den Betrieb an 110/117/127/220/230 und 250 Volt zu - das
hatte ich so noch an keinem Gerät gesehen. Ebenso wenig einen zweipoligen Einbaustecker an der Rückwand für die unterschiedlichsten Netzkabel, damals noch unbekannt in der Hifi-Welt - der Eight
hatte es bereits!
Die Rückwand an sich ist aus eloxiertem Aluminiumstrangblech und mit weißer Schrift graviert, wo gibt es das sonst noch? Bei solchen Details verblassen selbst ältere McIntosh und Accuphase. Doch es geht so weiter durch das ganze Gerät:
Das ist eine der Endstufenplatinen, in einem soliden Steckverbinder als Karte ausgeführt, die Treiber, in solidem Metallgehäuse TO-66 sind bereits auf dem Kühlblech montiert. Die Kühlbleche sitzen rechts und links außen am Gerät und erstrecken sich über die gesamte Gehäusetiefe. Damit dürfte das Gerät über eine der größten Kühlflächen aller Hifi-Geräte verfügen - am Hitzetod stirbt der jedenfalls nicht! Die eigentlichen Endtransistoren sitzen dann außen am Kühblech, ebenfalls in solidem TO-3-Metallgehäuse und selbstverständlich in lupenreiner Komplementärtechnik, die auch Gleichspannung verstärken kann ohne Ausgangselkos, und müssen deshalb verkleidet werden, da hier immerhin plus/minus 60 Volt aussen am Gehäuse anliegen. Aber wie das bei Sansui gemacht wurde!
Das ist ein Blick von der Seite auf das Gerät, der linke Transistor ist mit einer schönen runden, dicken Aluminiumabdeckung versehen, rechts habe ich diese abgenommen. Man sieht hier auch sehr gut das riesige Kühlblech, welches in wunderschönem Bronzeton eloxiert ist.