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Yamaha A-960

Als Nachfolger des schon begehrten CA-1010 brachte der Hifi-Hersteller Yamaha 1980 den A-960, zusammen mit dem kleineren Bruder A-760, heraus, die über ein völlig neues Netzteilkonzept verfügten. In ähnlicher Form hatte dies bereits kurz zuvor Bob Carver in den USA mit seinen legendären Phase Linear-Endstufen gezeigt. Wer da sich von wem hat inspirieren lassen, weiß man nicht so genau – die Konzepte ähneln sich aber.

 

Der Clou an dem bei Yamaha “X-Netzteil” genannten Stromversorgung benötigt wesentlich kleinere Netztransformatoren, allgemein eines der teuersten und schwersten Bauteile im gesamten Gerät und auch eine der hauptsächlichen Gründe der maximal erzeilbaren Leistungsabgabe – denn wenn der Trafo nicht mehr liefert, kann eben hinten auch nicht mehr heraus kommen. Bei diesem Stromversorgungskonzept wird nur soviel Leistung geliefert wie eben gerade benötigt wird, die so genannten Verlustleistungen, die als Abwärme verpuffen, fallen hierbei nicht an. Grob gesagt, kann man sagen, dass das Netzteil so ähnlich wie ein Dimmer arbeitet, es wird dann im übertragenen Sinn auch nur so hell, wie es eben gerade benötigt wird.

 

Das Konzept hielt sich bei Yamaha bis 1984, wobei man dem hier vorgestellten A-960 ein Jahr später noch einen größeren Bruder namens A-1060 beigab. Wegen des großen Verkaufserfolges wurden sogar noch verbesserte MKII-Modelle nachgeschoben, der A-960MKII ist sofort an vier beleuchteten Tasten an der Front erkennbar, der A-960 hat deren nur drei. Die nächste Generation, eben von 1984, hatte dann wieder herkömmliche Netzteile, die Modelle hießen A-1000 bzw. A-700. Irgendwie hatte sich das X-Netzteil-Konzept nicht so ganz gelohnt, warum auch immer. Mich persönlich stört das leichte Summen, dass diese Netzteile von sich geben und sich den Geräuschen von Dimmern so sehr ähneln. Davon abgesehen sind der A-960 und seine Brüder bis heute begehrte und geachtete Verstärker, die ihren Besitzern immer noch große Freude bereiten und auch gebraucht recht ordentliche Preise erzielen.

 

Dieses Exemplar war bereits nach den Angaben seines Besitzers in den Händen eines Radio-/Fernsehtechnikers, funktionierte aber dennoch nicht zufriedenstellend.

 

Die Lampen der drei in der Front liegenden Schaltern leuchteten völlig unterschiedlich hell, was nicht gut aussah. Der Kollege hatte, wohl mangels der richtigen Ersatzlampen, dort Konstrukte von Vorwiderständen und Zenerdioden eingebaut. Das flog erstmal alles raus, wir möchten die Geräte stets so original wie möglich erhalten und herrichten.

 

Auch der, in Vintage-Hifi-Kreisen als “Knallfrosch” bekannte, Rifa-Metallpapier-Kondensator, war eben von diesem R/F-Techniker bereits erneuert worden. Die Firma Yamaha-Elektronik-Europa in Rellingen hatte 2007 eine in der Hifi-Welt wohl einmalige Rückrufaktion gestartet, eben wegen dieser Rifa-Kondensatoren (übrigens made in Germany), da diese in diversen Geräten von Yamaha bereits mit Stichflammen in Rauch aufgegangen waren. Wir Vertragswerkstätten (das waren wir bis Ende 2007 für Yamaha in Berlin) erhielten die Anweisung sämtliche betroffenen Geräte (A-760, 960, 1060 auch MKII und M-50, M-70 sowie B-6, eben alle Geräte mit X-Netzteil) , die in die Werkstatt kamen, still zu legen und den Besitzer zu bitten, sich mit dem Hersteller in Verbindung zu setzen. Yamaha wollte den Leuten zu einem Neukauf 100,- Euro Zuschuss zahlen. Ich habe mich damals mit dem Serviceleiter von Yamaha zusammen gesetzt und ihn mühevoll davon überzeugt, dass diese Maßnahme übertrieben sei. Ich erzählte ihm auch, dass es vergleichbare Fälle schon seit Jahren bei Philips und ITT-Schaub-Lorenz/Graetz in Fernsehgeräten gäbe, in denen ähnliche Kondensatoren sogar schon für Brände gesorgt hatten (im stand-by-Betrieb übrigens). Diese Hersteller hatten damals alle Werkstätten angewiesen, diese Kondensatoren gegen sicherere auszutauschen, damit nichts passieren kann. Der damalige Serviceleiter hat daraufhin die besorgten Japaner überzeugt, dass der Austausch ausreichend wäre, die bestanden aber darauf, dass die Rückrufaktion öffentlich stattfinden sollte, damit jeder Besitzer eines dieser Geräte gewarnt sei. Der Sicherheitshinweis findet sich noch bis heute auf der Yamaha-homepage, obschon die  Hifi-Sektion der Marke Yamaha schon seit Jahren nicht mehr existiert und von der großen Musikinstrumentenabteilung übernommen wurde. Aber dieses Sicherheitsdenken entspricht dem japanischen Verhalten, man denke mal an Toyotas Rückrufauktionen bei den Autos – kein Hersteller ruft so oft zurück, und das obwohl gerade Toyota als einer der zuverlässigsten und besten Autobauer weltweit gilt.

 

Die betroffenen Kondensatoren dürfen aber nur gegen solche der Spezifikation X2 ausgetauscht werden, was bedeutet, dass diese Kondensatoren ständig mit Netzspannung betrieben werden dürfen. Das hatte der Kollege leider nicht berücksichtigt, ein FKP3 von Wima ist leider für diesen Zweck nicht zulässig.

 

Der A-960 verfügt über einige Schiebepotis, die ganz gerne laut und deutlich kratzen, wenn man sie betätigt. Manche lassen sogar einen Kanal komplett ausfallen. Hier wurde die Reinigung des Balance-Potis fotografisch begleitet, stellvertretend für die anderen. Nach dem Ausbau, muss das Poti geöffnet werden

 

Dazu biegt man die Laschen vorsichtig hoch (nicht über die Senkrechte hinaus, da sie sonst abbrechen kann). Im Bild oben sind die drei unteren Laschen bereits aufgebogen, die oberen drei sind noch umgeschlagen

 

Nun sind alle sechs Laschen senkrecht und die Platine kann vorsichtig herausgenommen werden

 

Rechts und links aussen sieht man die Schleiferbahnen, in der Mitte die beiden Rückführbahnen – die sind korrodiert und verursachen die Kratzgeräusche in den Lautsprechern.

 

Das ist der Schleiferblock, der mit dem Finger betätigt wird. Die äußeren Doppelschleifer berühren die Kohlebahnen, die beiden inneren die Rückführbahnen aus Metall. Die Schleifer werden von Kunststoffzapfen (rechts im Bild als kleine helle Quader zu sehen) gehalten, die gerne abbrechen, wenn der Kunststoff versprödet – was nach rund 37 Jahren niemanden wundern darf.

 

Hier sind die Rückführbahnen gereinigt und poliert, rechts sieht man noch das Leinenstäbchen mit den Polierresten (ziemlich schwarz).

 

Die Schleifer wurden ebenfalls gereinigt und poliert – wobei man äußerst vorsichtig zu Werke gehen muss, da, wie gesagt, der Kunststoff schon recht spröde ist.

 

Damit die Metallflächen nicht so bald wieder anfangen zu korrodieren, packen wir eine gleichmäßige Schicht Kontaktfett auf Schleifer und Rückführbahnen. Auch der Kunststoffklotz im Gehäuse bekommt rechts und links eine Fettschicht, damit er sich nachher leicht bewegen lässt.

 

Nun kann alles wieder zusammengebaut werden und das Potis wieder eingelötet werden.

 

Zu allem Überfluss war in diesem A-960 statt der Lampe eine grüne LED eingebaut, die aber bei weitem nicht ausreicht, die durchsichtigen Knöpfe an der Front von hinten auszuleuchten. Deswegen hatte der Besitzer moniert, dass die Tasten sehr unterschiedlich hell beleuchtet wären. Kein Wunder!

 

Die beiden anderen Tasten hatten übrigens noch die Original-Lampen.

 

Auch das Lautsprecher-Relais wurde erneuert. Dieses ist ein JC-2 von Matsushita (die heute nur noch Panasonic heißen, die Namen Matsushita, Technics und National wurden alle abgeschafft) in 48V – welches man leider nicht mehr erhält. Wir ersetzen solche Relais dann immer mit Adapterplatinen und anderen 48V-Relais. Das war aber beim A-960 gar nicht notwendig, denn Yamaha hat die Platine schon von Hause aus mit Platinenlöchern  versehen, die die Verwendung von MY-4-Relais der Marke Omron (aber auch früher von vielen anderen Marken baugleich angeboten) zulässt. Diese bekommt man noch in 48V – also habe ich auch ein solches verwendet. Die runden Platinenlöcher oben im Bild gehören zum Original-Relais, die eckigen sind für das Ersatzrelais. Leider wurde eine Seite nur mit je einem Pin, die andere aber mit zwei Pins gelocht – das liegt an der Leiterbahnführung, da war einfach nicht genug Platz vorhanden.

 

Hier die beiden Relais aus der Nähe. Das MY4 (links) ist das am häufigsten verwendete Relais in Vintage-Hifi-Geräten. Seit Januar 2016 haben wir annähernd 200 Stück davon verbaut (alle Versionen und Spannungen zusammen).

 

Hier nochmals von der Seite. Rechts das alte Original-Relais.

 

Damit das Ausgangssignal über beide Relaiskontakte geht, haben wir zwei Brücken in das Relais gelötet. So ist eine hohe Lebensdauer und Kontaktsicherheit gewährleistet.

 

Zum Reinigen der Schiebeschalter und zum Austauschen diverser Elkos mussten die einzelnen Platinen ausgebaut werden. Das geht zum Glück ganz gut beim A-960. Oben ist die Platine mit den Cinchbuchsen und dem Phonovorverstärker zu sehen.

 

Auch die Platinen an der Front wurden ausgebaut.

 

Das sind die Schalter zum Auswählen der Einsatzfrequenzen der Klangsteller.

 

Hier ist diese Platine mit neuen Elkos nun wieder eingebaut.

 

Das ist der falsche Ersatz (rechts) für den Rifa-MP-Kondensator, der richtige ist der links im Bild.

 

Man beachte den Aufdruck X2, der ist notwendig.

 

Das ist die gesamte Platine des X-Netzteils. Die anderen Rifa-Kondensatoren, die man da noch sehen kann, sind übrigens nicht gefährdet.

 

Hier kann den offenen A-960 im ganzen sehen, bereits alles erledigt.

 

Hier der Einblick von unten.

 

So ein Tütchen bekommen alle unsere Kunden nach der Arbeit, darin sind sämtliche ausgewechselten Teile.

 

Das ist nun der komplette Verstärker von aussen, oben. Es gab ihn auch in schwarz (jedenfalls die MKII-Version). Das Modell leistet satte zwei mal 120 watt sinus an 8 Ohm und wiegt, dank X-Technologie, nur 10,5 kg.

 

Das ist die Front, die transparenten Schalter sind alle gedrückt und leuchten alle wieder wie im Original, alle Lampen sind neu. Wie man erkennen kann, gibt es nur ein Drehpoti (Volume), alle anderen sind Schiebepotis – an japanischen Geräten eher ungewöhnlich.  Dazu kamen die bereits von der Vorgängerserie (CA-710 bis 2010) bekannten Knebelknöpfe – sie sind Markenzeichen bis heute bei Yamaha!

 

Die Einsatzfrequenzen der Klangsteller können gewählt werden, was bei den Bässen bewirkt, dass die höhere Frequenz (hier 500 Hz) stärker wirkt als die niedrigere (125  Hz). Bei den Höhen ist es natürlich genau umgekehrt, die niedrigere Frequenz wirkt stärker als die höhere. Zusätzlich gibt es noch Filter. Oben findet sich ein weiteres Schiebepoti mit der Bezeichnung Listening Level Monitor, in dessen Knopf sich eine rote LED befindet. Diese blinkt im Takt der Musik, sobald man den “richtigen” Pegel eingestellt hat. Man kann dann die ungefähre Leistung an der Skala ablesen. Ein rein optischer Gimmick.

 

Der Main-Direct-Schalter überbrückt das gesamte Klangregelteil und die Filter.

 

Es gibt neben zwei Tape-, Tuner- und Aux-Anschlüssen auch zwei für Phono. Phono 1 kann sowohl MM- als auch MC-Systeme mit unterschiedlich wählbaren Eingangsimpedanzen verstärken. Mit dem Knopf DISC wird immer Phono 1 direkt eingeschaltet.

 

Der dritte Knebelschalter (links) kann jede beliebige Quelle mit den Aufnahmebuchsen verbinden. Dies ermöglicht zum Beispiel das Aufnehmen einer Schallplatte, während man gerade Radio hört.

 

Die Rückseite ist übersichtlich. Nur Cinchbuchsen für die Quellgeräte, zwei Paar Boxen sind anschließbar.

Insgesamt ein sehr gut erhaltenes und nach der Überholung auch wieder sehr gut funktionierendes Exemplar dieser Verstärkerreihe von Yamaha. Der macht das auch noch weitere 30 Jahre…

 

 

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